Three Dogs Walking Blog

Geschichten, Tipps und Inspirationen über die Gesundheit, Körpersprache und das Wohlbefinden deines Hundes.

Mein Hund Ari stammt aus Bosnien

Erfahrungen und Tipps zum liebevollen Umgang mit Hunden aus dem Auslandstierschutz

Mein Hund Ari stammt aus Bosnien und ich habe ihn im Sommer 2012 „Online“ kennengelernt, als ich eine Futterpatenschaft für einige Hunde im Asyl „Nirina“ in Tuzla übernommen hatte. Er war nicht der einzige Hund, für den ich eine Futterpatenschaft übernommen, jedoch davon der einzige, der den Status „adoptable“ hatte.

Zu diesem Zeitpunkt spielte ich überhaupt nicht mit dem Gedanken, ihn zu mir zu holen. Zuviele Argumente sprachen dagegen. 

Nirina Dog Shelter in Tuzla

Von Aris Vorgeschichte ist nichts bekannt. Es ist anzunehmen, dass er auf der Straße geboren oder dort ausgesetzt wurde. Er trug eine Ohrmarke, die ihn als kastriert kennzeichnete. Er war dort von einem Kastrationsprogramm, das durch eine internationale Organisation durchgeführt wurde, kastriert und wieder auf die Straße entlassen worden. Schließlich landete er doch durch Hundefänger im ortsansässigen Asyl, in dem zu diesem Zeitpunkt weit über 500 Hunde untergebracht waren. Das Asyl war von 2000 bis 2012 eine „Verwahrung“ für streunende Hunde, die dort unter den nur schlechtesten Bedingungen hinsichtlich ihrer Versorgung ihr Dasein fristen mussten. Die Anstaltsleitung war korrupt, strich sich Spenden ein, vernachlässigte und misshandelte die Hunde. Das Asyl selbst war auf einer ehemaligen Mülldeponie auf einem Hügel der Stadt errichtet, der Boden kontaminiert, die Hunde jahrelang gleißender Hitze und klirrendem Frost mit hohen Schneemengen ausgesetzt. Man kann sich vorstellen, wie die Hunde, die Schlachtabfälle wie Hühnerfüße zu fressen bekamen, in all den Jahren dort unter Ernährungsmangel, Krankheiten und auch Misshandlungen durch die Asylleitung inklusive fehlender medizinischer Betreuung gelitten haben. Im Spätsommer schlossen sich ein paar freiwillige Helfer, alles junge, engagierte Frauen, zusammen, um die Asylleitung zu stürzen und das Asyl zu übernehmen. Mit Hilfe einer dänischen Tierschutzorganisation und der Unterstützung durch deutsche Tierschutzvereine gelang es, Futterpaten zu generieren, Geld- und Sachspenden zu organisieren. Anfang Januar 2013 machte ich mich mit Taschen voller Sachspenden auf eine 22-stündige Busfahrt vom ZOB Berlin nach Tuzla, um das Asyl und meine Patenhunde zu besuchen. Das ist die Vorgeschichte, wie ich zu meinem ersten Auslandshund.   

 

Hunde aus dem Auslandstierschutz kommen oft mit Problemen

Ari kam Ende April 2013, also über 3 Monate nach unserem ersten Kennenlernen, in unsere Familie. Viele andere Hundehalter, die einen Hund aus dem Ausland adoptieren, lernen „ihren Hund“ bestenfalls auf einer Pflegestelle in Deutschland, Österreich, etc. kennen. Im ungünstigeren Fall sieht man den Hund auf einer Internetplattform, verliebt sich, will helfen und hat dann unter Umständen ein paar Wochen später ein Riesenproblem von A nach B verlagert. Außer man weiß, worauf man sich einlässt! Viele Tierheime sind leider voll mit Hunden aus gescheiterten Vermittlungen.

Die Stubenreinheit ist mit das kleinste Problem, das mit einem Tierschutzhund aus dem Ausland kommen kann, aber tatsächlich leider auch oft einer der ersten Gründe, den Hund dann doch nicht behalten zu wollen. Hunde aus dem Ausland, die „direkt importiert“, also vom Asyl ins neue Heim vermittelt werden, haben in den allermeisten Fällen eine oder mehrere Überaschungen im Gepäck, KÖNNEN aber auch vollkommen unkompliziert sein. Pippi in der Wohnung ist dabei wirklich noch ein „Witz“. Auf Probleme muss sich jeder Interessent einstellen und vorbereiten und sich darüber bewusst sein, dass es nicht auf Anhieb Liebe, Vertrauen und Dankbarkeit ist, die einem ein Hund, den man aus einer Hundehölle befreit hat, entgegenbringt und dass man mit überbordender Zuneigung, Nachsicht und Liebe Probleme noch verschlimmern kann. Die Vermittlung von Hunden aus Süd- und Osteuropa bedeutet für alle Beteiligten eine riesige Verantwortung. Wer sich für einen Hund aus dem Ausland interessiert, muss sich vorher zwingend umfassend informieren und Hilfe suchen, vor allem wenn er über keine Erfahrung verfügt.

 

Die 3-3-3-Regel für Hunde aus dem Tierschutz

Mit dem Transport ins neue oder überhaupt erste Zuhause hat sich die Welt für den Hund vollkommen und radikal verändert. Wer seinem neuen Familienzuwachs nun nicht wenigstens 3 Monate Zeit geben kann, sich umzugewöhnen, der sollte einfach keinen Hund aus dem Tierschutz, egal welchen Alters, aufnehmen. Wer vor diesen 3 Monaten schon das Handtuch wirft, hat es meiner Meinung nach noch nicht einmal versucht, dem Hund ein (neues) Zuhause zu geben. Orientieren kann man sich hier an der 3er-Regel.

3 Tage braucht der Hund nach Ankunft, um runterzufahren. Umstellung der Lebensumgebung und -gewohnheit plus anstrengender, stressiger Transport ist die erste große Herausforderung für den Hund. Er muss runterkommen können. In diesen 3 Tagen sollte man dem Hund nichts weiteres Neues zumuten, Besuche fernhalten, Routinen für den Hund etablieren, ihm genug Schlaf und Rückzug ermöglichen. Der Hund wird nicht von A nach B gebracht, er wird nicht umhergezeigt, er wird nicht bestürmt, er geht jeden Tag die gleichen kurzen Wege, um sich zu entleeren, er wird nicht bespaßt, bespielt, vollgequatscht oder anderweitig bedrängt. Er wird einfach nur in Ruhe gelassen.

3 Wochen braucht der Hund nach Ankunft, um zu realisieren, dass dies sein neues Zuhause sein könnte. In diesen 3 Wochen lernt er, sich zu entspannen, sich an neue Routinen zu gewöhnen; er lernt Vertrauen zu fassen, lernt seine Umgebung und damit einhergehende Grenzen kennen. Er wird zutraulicher und vertrauensvoller, beginnt, seine Persönlichkeit UND evtl. auch seine Probleme zu zeigen.

3 Monate braucht der Hund nach Ankunft in sein neues Zuhause, um sich als Mitglied der Familie zu fühlen, er hat Vertrauen und Bindung aufgebaut, fühlt sich vollkommen sicher und hat sich an seine Routinen gewöhnt. Best Case Szenario!

 

Hunde aus dem Tierschutz mit Problemverhalten

Best Case Szenarien gibt es natürlich aber im häufigeren Fall hat der Hund, der aus dem Ausland adoptiert wird, sehr wahrscheinlich keine Grunderziehung genossen. Die Arbeit mit einem Hund aus dem Tierschutz ist oft sehr anspruchsvoll und fordert Durchhaltevermögen, Kompromissbereitschaft und oft auch eine finanzielle Grundlage, um Tierarztrechnungen und Trainier zu bezahlen. Viele Hunde haben aufgrund ihrer „Straßenköterahnen“ eine Vielfalt von genetischen Dispositionen, sei es charakterlich oder gesundheitlich, die man nicht unterschätzen darf und sollte. Ihre Vorgeschichten sind größtenteils unbekannt. Die Umstellung von der Straße oder einem überfüllten Shelter, in dem sie nicht selten misshandelt wurden, in ein liebevolles Zuhause, ist für die Hunde oft sehr belastend und tiefgreifend und kann in sich schon traumatisierend sein. Es ist nicht die heile Welt in die sie kommen, sondern eine vollkommen fremde, unbekannte und oft sehr furchteinflößende. Vom neuen Sozialpartner Mensch wird das oft vollkommen unterschätzt.

Hunde aus dem Tierschutz können unkompliziert sein, „resilient“, gut geprägt und auch ganz vernünftig sozialisiert, wie mein Ari. Viele sind es aber nicht! Selbst ein paar Monate alte Welpen kommen schon mit einer Vergangenheit, sind fehlgeprägt, wurden nicht sozialisiert. Den fehlenden Kontakt zu Menschen und fehlende Gewöhnung an allemöglichen Umweltreize, können sie vermutlich nie wieder aufholen. Ältere Hund sind oft so traumatisiert, dass ihre Aufnahme monatelange wenn nicht jahrelange hingebungsvolle Geduld erfordert, die nicht selten nur mit schrittchenweisen oder gar keinen Erfolgen gekrönt ist. Junghunde, die im pubertären Alter vermittelt werden, sind doppelt verunsichert, weil sich eben gerade in ihrem Gehirn und Körper so viel verändert und plötzlich sind sie nicht mehr in ihrer gewohnten Umwelt, auch wenn die für uns miserabel erscheint. Für den Junghund in dieser Entwicklungsphase ist es traumatisierend.

 

Fazit

Hunde aus dem Auslandstierschutz brauchen Zeit für die Anpassung und künftiges Verhalten ist nicht vorhersehbar, gravierende Verhaltensprobleme in jedem Alter sind nicht selten. Bei der Vermittlung von Hunden aus dem Ausland ist sachliche Aufklärung über die Risiken wichtig. Vorkontrollen verstehen sich von selbst. Im besten Fall lernt man den Hund in einer Pflegestelle kennen, wo er sich schon einige Zeit umgewöhnen und anpassen konnte. Die vernünftige Sicherung (Sicherheitsgeschirr, doppelt gesichert), das Vorhandensein und die Registrierung eines Microchips von Hunden aus dem Tierschutz sollte selbstverständlich sein. Hunde aus dem Tierschutz/Ausland können unkompliziert sein, viele sind es aber nicht! Die Bereitschaft, sich einem Hund aus dem Ausland vollkommen zu verpflichten, sich Hilfe zu holen und (sehr oft) an sich selbst und mit dem Hund zu arbeiten, ist eine Grundvoraussetzung für eine gelungene Vermittlung.

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